Zur aktuellen #metoo Debatte

Warum ist in der österreichischen Filmbranche keine Debatte über sexualisierte Übergriffe und körperliche, wie emotionale Gewalt am Arbeitsplatz FILMPRODUKTION losgegangen, als 2017 die Causa Weinstein Hollywood aufgerüttelt hat? „Schweigekultur“ nennt Kollegin Katharina Mückstein diesen fehlenden Diskurs, den sie auf Instagram letzte Woche aufgebrochen hat.

Warum gibt es immer noch keinen Rahmen, indem sich Betroffene trauen, über ihre Verletzungen zu sprechen? Warum werden Betroffene nicht dabei unterstützt diese, uns alle betreffenden und betroffen machenden Missstände sichtbar zu machen, aufzuklären und zu verändern?

Viele von uns kennen Kolleg*innen, die während ihrer Arbeit an einem Filmprojekt – ob vor oder hinter der Kamera – sexuell belästigt, gedemütigt, beleidigt, oder gestalkt wurden. Viele von uns haben selbst Erfahrungen mit einem System, in dem weggeschaut wird, wenn prominente Vertreter*innen der Filmbranche, zumeist sind es Männer, Grenzen überschreiten und dabei ihr Gegenüber demütigen. Wir werden diesen Machtmissbrauch nicht länger tolerieren!

Wir wollen, dass der Arbeitsplatz FILMPRODUKTION frei ist von Sexismus und Rassismus.

Wir wollen nicht, dass Kolleg*innen, egal aus welchem Gewerk der Filmbranche, während ihrer Arbeit sexuellen, homophoben oder rassistischen Übergriffen ausgesetzt sind.

Wir wollen nicht, dass wir uns schützen müssen, um unversehrt aus einem Filmprojekt herauszukommen.

Wir wollen, dass die Regeln eines respektvollen Umgangs miteinander, auf dem Arbeitsplatz FILMPRODUKTION eingehalten werden.

Wir wollen, dass Betroffene darin unterstützt werden, auf Regelbrüche aufmerksam zu machen und von der Produktionsfirma dabei offensiv und auch mit arbeitsrechtlichen Schritten gegen Täter*innen begleitet werden.

Wir wollen, dass Produzent*innen ihrer Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter*innen nachkommen.

Wir wollen mehr Solidarität und Respekt an unserem Arbeitsplatz!

Niemand soll mehr vor oder hinter der Kamera die Würde verlieren.

ANONYM "Als junge Regieassistentin oder Produktionsassistentin, egal in welcher Funktion, mir wurde so oft auf den Arsch gegriffen dass es bereits normal war. Eigentlich auch für alle an den Sets, denn oftmals war es eine Belustigung vor allen Leuten. Mir wurde schnell klar, dass wenn ich mich darüber aufrege, mich alle zickig finden, selbst andere Frauen. Wenn man aber darüber lachte oder einen coolen Spruch darüber ablieferte, dann war man einer von ihnen, der Mehrzahl, den Coolen die nicht gleich wegen jeder Kleinigkeit hochgehen. Ich machte starke Sprüche als Reaktion für Übergriffe und wartete bis ich in der Hierarchie der Filmbranche aufstieg, in der Hoffnung dass es aufhört."


ANONYM "Ich war eine bedeutungslose Regisseurin und froh mal einen Job zu ergattern. Er war ein angesehener Cutter und Freund des Produzenten. Wir arbeiteten bis spät in die Nacht im Schneideraum, da wir eine Abgabe am nächsten Morgen hatten. Es war zwei Uhr in der Früh, wir waren komplett allein in der Produktion. Alle waren bereits gegangen. Ich musste aufs Klo und stand daher auf, als er mich packte. Er begrabschte mich, meinen Po...ich betonte, ich muss aufs Klo und eilte davon. Da saß ich nun am Klo, hatte Angst, wusste nicht wie ich damit umgehen soll. Ich hatte damals nicht viele Jobs und der Film musste fertig werden."

ANONYM "Am Filmset: Mein Kollege und ich (weiblich gelesen) hatten eine intensive Kussszene, die im Vorhinein mehrfach genau durchbesprochen und geprobt wurde. Als wir die Szene drehten, wich der Kollege plötzlich vom Geprobten ab, steckte mir die Zunge in den Hals und begrapschte mich am Po. Er wusste, dass es ein One Shot war, ich die Szene also nicht abbrechen konnte. Während sich in mir alles zusammenzog musste ich so tun, als würde ich genießen, was da gerade passiert. Das Set war fast ausschließlich (toxisch) männlich besetzt, ich hielt auch danach meinen Mund, weil ich nicht mit Unterstützung rechnen konnte und noch einen weiteren Drehtag vor mir hatte."

Wir wollen von euch hören!

Wir wollen unsere und eure Geschichten erzählen, um das öffentliche Bewusstsein zu stärken, dass sexualisierte Übergriffe, körperliche und emotionale Gewalt an unseren Arbeits- und Ausbildungsplätzen im Film- und Kulturbereich keine Einzelfälle sind!

Ihr könnt hier anonym eure Erfahrungsberichte mit uns teilen, die wir auf unserer Website und auf Instagram veröffentlichen.

Wenn du betroffen bist und ein Coaching brauchst, jemand, der dir hilft, das Erlebte einzuordnen und zu überlegen, welche Schritte du setzen möchtest, wende dich an:

#we_do! Die Anlauf- und Beratungsstelle gegen Diskriminierung, Ungleichbehandlung, Machtmissbrauch für die österreichischen Filmschaffenden:

Meike Lauggas - Sie kennt sich im Arbeitsrecht, bei Diskriminierungen und den Ambivalenzen aus, unangenehme Erfahrungen überhaupt zu thematisieren. 

www.meikelauggas.at
T: +43-680-11 82 570
M: we-do@filmschaffende.at 

Daniel Sanin  - Er ist klinischer und Gesundheitspsychologe und beschäftigt sich seit dem Studium mit Fragen zum Geschlechterverhältnis und besonders zu Männlichkeiten. Er hat viel Erfahrung in der Schulung von Jugendlichen und Erwachsenen in den Bereichen Sexualität, Gewalt- und Suchtprävention und in der psychologischen Beratung von Männern.

www.danielsanin.at
T: +43-681-20137433
M: we-do@filmschaffende.at

INFOS FÜR ZEUG*INNEN

VERTRAUENSSTELLE THEMIS - GEGEN SEXUELLE BELÄSTIGUNG UND GEWALT


Information für Zeug*innen sexueller Belästigung in der Kultur- und Medienbranche